Wie angekündigt werden wir hier in unregelmäßigen Abständen über Themen berichten,
die für unsere Zuschauer i.d.R. nicht sichtbar sind, die aber für den gesamten Prozess, bis es letztlich zu einer Aufführung kommt, von elementarer Bedeutung sind. Wir hoffen, mit diesem Blog „Rund um eine Theateraufführung“ euer Interesse zu wecken.
Viel Spaß
Die Auswahl eines Stückes ist manchmal ein mühsames Unterfangen. Spätestens ab Sommer eines Jahres beginne ich die Kataloge von relevanten Theaterverlagen zu durchforsten. Glücklicherweise kann man im Internet nach den notwendigen Rahmenbedingungen vorselektieren, d.h. für uns: eine Komödie, nur ein Bühnenbild und max. 8 Rollen. Danach bleibt aber immer noch eine große Auswahl übrig.
Zu jedem Stück gibt es eine Kurzbeschreibung. Also fange ich erst einmal an und arbeite mich durch diese Listen durch. Wenn mich etwas anspricht, lese ich die dazugehörige Kurzfassung durch, das sind meist die ersten 20 bis 30 Seiten des Skriptes. So erhalte ich einen besseren Eindruck von dem jeweiligen Stück. Wenn ich eine Handvoll Stücke interessant finde, fordere ich Ansichtsexemplare an, um die vollständigen Fassungen zu lesen. Erst dann kann ich final beurteilen, ob ich glaube, dass die Struktur des Stückes, die Figuren und das Thema machbar ist und vor allem hinreichend amüsant ist und bei unserem Publikum ankommen wird.
Wir versuchen natürlich, von Spielzeit zu Spielzeit auch ein wenig Abwechslung zu bringen. Sei es in dem wir in verschiedenen Ambienten spielen, d.h. nicht immer nur im Wohnzimmer, oder auch mal Krimikomödien. Wenn ich 2 bis 3 Stücke so vorausgewählt habe, gebe ich diese in der Regel den übrigen Vorstandskollegen und – sofern schon bekannt – dem voraussichtlichen Regisseur zum Lesen. Wenn sich alle auf ein Stück einigen können, wird es den restlichen Mitgliedern als Stück für die nächste Spielzeit vorgeschlagen. Natürlich muss dann auch geklärt sein, ob überhaupt genügend Schauspieler zur Verfügung stehen, um die Rollen abzudecken. Wir mussten bereits einmal, nachdem die Proben bereits begonnen hatten, kurzfristig umdisponieren. Ein Stück mit 9 Rollen konnte doch nicht mehr auf die Bühne gebracht werden, da ein Schauspieler aus beruflichen Gründen absagen musste.
Abschließend muss mit dem Verlag geklärt werden, ob wir das Stück aufführen dürfen oder ob eine andere Hamburger Bühne bereits die Aufführungsrechte in derselben Zeitspanne erworben hat. Wenn dem so ist, bleibt nur, ein anderes Stück auszuwählen. Im positiven Fall kaufen wir die Aufführungsrechte, erhalten genügend Textbücher und dann kann es losgehen.
Dieser ganze Prozess sollte bis Dezember eines Jahres abgeschlossen sein, da wir üblicherweise im Januar mit der Rollenverteilung und Proben beginnen wollen.
Michael Laconde
Bei uns sitzen die Souffleure ja nicht versteckt wie in anderen Theatern, sondern für unser Publikum sichtbar am Rand der Bühne. Wenn sie dann doch mal aktiv werden müssen, dann kriegt das daher jeder mit, auch wenn sie sich natürlich bemühen, leise die Texte vorzusagen. Nun könnte man meinen, dass so ein Souffleur dann einen leichten Job hat, wenn die Schauspieler auf der Bühne ihren Text gut kennen. Ein Irrtum, wie ich selbst feststellen musste. Als ich vor etwa 5 Jahren ohne jegliche Theatererfahrung zum Kulturbeutel dazustieß, hat man mir die Aufgabe als Souffleur angetragen, für das Stück „Letzter Wille“. Klar habe ich damals zugesagt, ich wusste aber ehrlich gesagt auch nicht, was da auf mich zukam.
Zunächst einmal muss (auch) der Souffleur darauf achten, dass er jederzeit den aktuellen Text vor sich hat. Es gibt ja immer textliche Anpassungen, meist vor Beginn der Proben, manche Änderungen ergeben sich aber auch erst im Laufe der Proben. Solange die Schauspieler noch mit ihrem Textbuch in der Hand auf der Bühne proben, hat der Souffleur wenig zu tun. Erst wenn einer der Akteure den Text verinnerlicht zu haben scheint und ohne Buch agiert, ist der Souffleur gefragt. Er gibt den Text vor, wenn ein Schauspieler gerade nicht weiterweiß. Meist hilft ein Stichwort oder nur der Satzanfang. Er muss aber auch eingreifen, wenn ein Schauspieler Sätze oder wichtige Wörter vergisst, die für den Partner in der Szene als Anschluss von großer Bedeutung sind. Auch wenn Sätze vertauscht oder allzu frei formuliert wiedergegeben werden, greift der Souffleur korrigierend ein. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt. Denn auf der einen Seite soll eine Szene, die sich noch in der Phase des Ausprobierens befindet, nicht dauernd unterbrochen werden, auch um die Konzentration des bzw. der Schauspieler nicht zu stören. Außerdem muss der Souffleur erkennen, ob es sich um eine bewusste Kunstpause handelt und nicht um ein Blackout. Einen kleinen Rüffel von der Bühne wird sich daher jeder Souffleur einmal einfangen. Auf der anderen Seite muss der Souffleur intervenieren, damit sich falsche Texte nicht im Kopf des Schauspielers festsetzen. Hier ist also Konzentration und Fingerspitzengefühl gefragt.
Bei den eigentlichen Aufführungen potenzieren sich die Anforderungen. Denn dann muss der Souffleur jederzeit wissen, wo im Textbuch die Schauspieler auf der Bühne gerade sind. Zugleich muss er im Blick haben, ob jemand auf der Bühne „Hilfe“ benötigt. Seine Augen wandern daher permanent zwischen Bühnengeschehen und Textbuch hin und her. Denn sollte ein Schauspieler mal nicht weiter wissen, muss der Souffleur das sofort erkennen und ein passendes Stichwort reinrufen, damit es so gut wie nahtlos weitergehen kann. Der Souffleur muss also jederzeit die Szene auf der Bühne im Blick haben, aber auch den Text. Das verlangt ein Höchstmaß an Konzentration.
Natürlich ist es auch schon mal passiert, dass der Souffleur es nicht mitbekommen hat, dass die Pause auf der Bühne dadurch zustande kam, dass ein Schauspieler (oder mehrere) nicht weiter wusste. Großes Gelächter hat Michael Laconde einmal dadurch verursacht, dass er in so einer Situation sagte: „Wenn der Souffleur nicht schlafen würde, könnten wir jetzt weiterspielen.“ Glücklicherweise haben wir ein sehr verständnisvolles und humorvolles Publikum. Aber natürlich bemühen wir uns, dass die Vorstellung für Sie reibungslos über die Bühne geht.
Ihr Karlheinz Tews
Was ziehe ich denn an? Diese Frage, die sich tagtäglich viele Menschen vor ihrem Kleiderschrank stehend stellen, ist auch uns Kulturbeutler nicht fremd, wenn wir ein neues Theaterstück erarbeiten.
Das äußere Erscheinungsbild auf der Bühne ist ja nicht unwichtig für eine überzeugende Aufführung. Schließlich gilt auch hier: Kleider machen Leute. Die Bekleidung muss grundsätzlich der Zeit, in der das Stück spielt, angepasst sein. So mussten die Darsteller in unserem Miss Marple-Stück, das auf einem britischen Landsitz spielt, anders aussehen als beispielsweise im Stück „Zimmer zu vermieten“, das in Paris mit einem Künstler als Hauptperson angesiedelt war. Die Kleidung soll zudem zum Alter und Charakter der jeweiligen Rolle passen und diesen für die Zuschauer „veranschaulichen“. So würde ein grelles farbiges Outfit zu einer eher introvertierten Rolle genauso wenig passen wie ein Minirock zu Frau Boldt im „Tratsch im Treppenhaus“. Schließlich muss bei der Wahl des Outfits auch die jeweilige Szenerie berücksichtigt werden. Bei einer Geburtstagsfeier wie in „Genug ist nicht Genug“ ist das noch recht einfach, weil sich alles an einem Abend abgespielt hat. Häufig verändern sich im Laufe des Stücks aber Uhrzeiten und Anlässe, so dass Kleidungswechsel erforderlich sein können. Beim Stück „Letzter Wille“ begannen die Schauspieler alle in Trauerkleidung und in den folgenden vier Akten spielte sich das Weitere an verschiedenen Tage ab, so dass fast jeder mehrere Outfits benötigte.
Wenn wir mit den Proben zu einem neuen Stück beginnen, ist das Outfit aber erst einmal zweitrangig. Die Darsteller müssen sich erst in die Rolle einarbeiten und die Szenerien auf der Bühne können sich im Laufe der Proben verändern, selbst Rollenumbesetzungen kommen manchmal vor. Meist beginnen sich Regisseur wie Schauspieler erst nach den ersten Probemonaten über die passenden Outfits Gedanken zu machen. Auch die anderen Mitglieder können natürlich Vorschläge machen. So hat z.B. Martin, der auch das Bühnenbild erstellt, einen guten „Blick“ für Kleidung und kommt häufig mit wertvollen Vorschlägen. Das letzte Wort hat natürlich der Regisseur, aber die Darsteller sollen sich ja auch in ihren Outfits wohlfühlen und dürfen natürlich mitreden.
Für das Bühnenoutfit und dabei insbesondere die Verwandlung eines Mannes in eine Frau reicht die passende Bekleidung jedoch nicht aus. Hier kommt die „Maske“ ins Spiel. Noch bevor Sie sich in das MHC begeben und während Sie in freudiger Erwartung vor der Aufführung ein Glas Wein zu sich nehmen, sitzen wir Darsteller – wie in jedem Theater üblich – in der Maske, genauer gesagt in einem Kellerraum im MHC. Bei den männlichen Rollen hält sich der Aufwand in aller Regel in Grenzen. Diese müssen vor allem abgepudert werden, damit sie im Scheinwerferlicht der Bühne im Gesicht nicht zu sehr glänzen. Manchmal ist es zudem erforderlich, das Erscheinungsbild dem Alter der Rolle ein wenig anzupassen. So habe ich bspw. in „Die Therapeutin“ mein Kopf- und Barthaar extra grau gefärbt, um (noch) älter auszusehen, oder in „Zimmer zu vermieten“ den Schnurrbart dunkel angemalt, um hier etwas jünger und „französischer“ auszusehen. Mit solchen Nuancen soll das Gesamtbild dem Charakter angepasst werden.
Bei den weiblichen Rollen ist natürlich mehr Aufwand erforderlich. Mittlerweile haben wir auch hier ein ansehnliches Arsenal von Foundation, Concealer, Puder, Rouge, Lidschatten, Lippenstifte, Nagellacke, Pinsel, Quasten…
Wenn Sie als Frau jetzt denken sollten: Und? Was ist daran besonders, das mache ich doch jeden Tag! Dann stimmt das sicherlich, aber ein Make up für die Bühne hat andere Anforderungen als ein Alltags-Make up. Zum einen nimmt das Scheinwerferlicht viel von der Farbe im Gesicht wieder weg und zum anderen soll das Make up bis in die letzte Reihe zu sehen sein. Daher dürfen, nein müssen wir „dick auftragen“. Einzelne Mitglieder können sich selbst perfekt in eine Frau verwandeln, andere brauchen Hilfe. Das macht
häufig unser David und wenn er nicht kann oder wir mehrere Personen schminken müssen, nutzen wir auch externe Hilfe. Den letzten Schliff erhalten wir dann von Stephan, der sich als Friseur um unsere Perücken kümmert und diese immer wunderbar herrichtet. Schließlich wollen wir für Sie gut aussehen.
In diesem Sinne
Ihr Karlheinz Tews